FBK-Dokumentation Nr. 26

In den üblichen Massenmedien wird leider selten über den "medizinischen Internationalismus" Kubas berichtet, über das "Kontingent Henry Reeve". Und wenn das erfolgt, dann nur sehr knapp und ohne Details und Hintergründe. Daher hat uns das ICAP - das Kubanische Institut für Völkerfreundschaft - einen Überblick über diese Ärztebrigaden bereitgestellt, die im Ausland eingesetzt werden, dort immense Hilfe leisten, und hoch geschätzt werden. In diesem Dokument werden Ziele, die Gründung, die Aktivitäten und Leistungen dargestellt.
Hier sei noch erwähnt, dass die US-Regierung ein perfides Programm durchführt, um diese im Ausland so wichtige Solidaritätsarbeit leistenden Mediziner zur Flucht in die USA zu locken, mit Geld- und Stellenangeboten und Versprechungen! Zugleich gibt es weltweit mehrere Inititiativen, um dem Reeve-Kontingent den Friedensnobelpreis zu verleihen.

Internationales Medizinkontingent "Henry Reeve" - spezialisiert auf Katastrophen und schwere Epdidemien

Auftrag

Humanitäre medizinische und sanitäre Hilfe für die Bevölkerung von Ländern, die Opfer von Naturkatastrophen und Epidemien geworden sind, sowie Unterstützung beim Wiederaufbau.

Prinzipien der Arbeit

  • Verteidigung und Ausübung des Menschenrechts auf Gesundheit, was den Zugang zu schneller, angemessener, zielgerichteter und umfassender medizinischer Versorgung von Einzelpersonen und Gemeinschaften in Übereinstimmung mit ihren Bedürfnissen einschließt, und zwar kostenlos und ohne Unterscheidung nach Rasse, Religion, politischer Ideologie oder wirtschaftlicher oder sozialer Lage.
  • Förderung des Menschenrechts auf Frieden verteidigt die vollumfängliche Nutzung der Rechte, die sich aus der allen Menschen innewohnenden Würde ableiten, einschließlich des Rechts auf Leben. Sie begünstigt den Dialog und die internationale Zusammenarbeit mit dem Ziel, die Gesundheitsindikatoren der betroffenen Bevölkerung auf der Grundlage der Achtung der Bedürfnisse der um Hilfe ersuchenden Länder zu verbessern. Sie reagiert auf Notsituationen, Katastrophen oder Epidemien, die den Frieden in Zukunft bedrohen könnten; und sie anerkennt die volle Entfaltung einer Kultur des Friedens.
  • Humanismus, der die Würde des Menschen auf Grundlage von Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit wahrt und zur Entwicklung der Völker beiträgt, insbesondere durch die Gewährleistung der Gesundheit für alle.
  • Solidarität, die Menschen und Völker so eint, dass das Wohlergehen des einen das des anderen bestimmt. Sie beruht auf gegenseitiger Hilfe und Zusammenarbeit zwischen Völkern und Nationen, ungeachtet der Unterschiede in ihren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Systemen oder ihrem Entwicklungsstand, wobei Toleranz, Achtung ihrer Traditionen und Kultur sowie die Förderung des Friedens praktiziert werden.

Gründung

Das Kontingent wurde am 19. September 2005 konstituiert als Reaktion auf die durch den Hurrikan Katrina in der Stadt New Orleans in den Vereinigten Staaten verursachten Schäden mit rund 1.336 Toten und Verlusten im Wert von 75 Milliarden Dollar. Benannt wurde es nach Henry Reeve, einem jungen US-Amerikaner aus Brooklyn, New York, der sich als einfacher Soldat einer Abteilung kubanischer Patrioten anschloss, die am 4. Mai 1869 vor der Ostküste Kubas landete, um sich in den Unabhängigkeitskrieg gegen die spanische Kolonialherrschaft einzubringen, der im Oktober 1868 begonnen hatte. In der Geschichtsschreibung Kubas ist sein Beispiel ein Muster der internationalen solidarischen Hilfe.

Mitgliedschaft

Das Kontingent wird sofort, je nach Art des gesundheitlichen Ereignisses, innerhalb von 24 bis 48 Stunden mobilisiert. Die meisten seiner Mitglieder haben Erfahrung mit internationalen Gesundheitsmissionen. Die Teilnahme ist freiwillig.

Wichtigste Daten

Bis zum 10. August 2020 hat das Kontingent in 46 Nationen und fünf nichtautonomen Gebieten geholfen:

  • In Lateinamerika und der Karibik war es in 22 Staaten präsent: Antigua und Barbuda, Barbados, Belize (2 Mal), Bolivien, Chile (2 Mal), Dominica (2 Mal), Ecuador, El Salvador, Guatemala, Grenada, Haiti (4 Mal), Honduras, Jamaika, Mexiko (3 Mal), Nicaragua, Peru (2 Mal), St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, St. Kitts und Nevis, Surinam, Trinidad und Tobago und Venezuela.
  • In Asien und Ozeanien in fünf Ländern: China, Fidschi-Inseln, Indonesien, Nepal und Pakistan.
  • In Subsahara-Afrika in 13 Ländern: Angola, Kap Verde, Guinea Bissau, Guinea Conakry (2 Mal), Äquatorialguinea, Kenia, Liberia, Mosambik, Sierra Leone (2 Mal), São Tomé und Príncipe, Sierra Leone, Südafrika und Togo.
  • In Nordafrika und im Nahen Osten hat es drei Länder unterstützt: die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar und Kuwait.
  • In Europa in drei Staaten: Andorra, Aserbaidschan und Italien.
  • Folgende britische nichtautonome Gebiete wurden unterstützt: Anguilla, Turks- und Caicosinseln, Jungferninseln, Montserrat.
  • Das französische Überseedepartement Martinique.

Mehr als 9.000 kubanische Gesundheitsfachkräfte haben an diesen Missionen teilgenommen. Rund 4 Millionen Menschen wurden medizinisch versorgt. Mehr als 89.000 Leben wurden gerettet.

Am 26. Mai 2017 erhielt das Internationale Kontingent der für Katastrophen und schwere Epidemien spezialisierten Ärzte "Henry Reeve" den Dr. LEE Jong-wook-Preis der Weltgesundheits- organisation bei der Feier der 70. Weltgesundheitsversammlung. Mit der Auszeichnung wurde seine Arbeit in der Notfallmedizin gewürdigt. Bei dieser Gelegenheit sagte der Überreicher des Preises, IHN Yohan, der den Vorsitz der Koreanischen Stiftung für Internationale medizinische Dienste führt: "Das Henry-Reeve-Kontingent hat eine Botschaft der Hoffnung in die ganze Welt verbreitet.”

Am 13. August 2020 stimmte der Nationalkongress von Honduras der Verleihung der hohen Auszeichnung "Kommandeurskreuz" an das Henry-Reeve-Kontingent für seinen herausragenden Beitrag zur Gesundheit des honduranischen Volkes und die in diesem Land im Kampf gegen COVID-19 erzielten Ergebnisse zu.

Beteiligung am Kampf gegen COVID-19

Angesichts der Einstufung des COVID-19 als Pandemie, der größten Gesundheitsgefahr, der die Welt im 21. Jahrhundert ausgesetzt ist, bereitete sich das Henry Reeve-Kontingent darauf vor, den Völkern, die darum baten, zu helfen. In fünf Monaten war es in 35 Staaten vor Ort. Es hat mehr als 300.000 Menschen geholfen und mehr als 9.000 Leben gerettet. Mehr als 3.700 kubanische Gesundheitsfachkräfte haben daran teilgenommen, darunter 61,2% Frauen.

Von den 46 Brigaden, die zur Bekämpfung der Pandemie gebildet wurden, leisten 37 weiterhin Gesundheitsdienste in 26 Ländern (Angola, Aserbaidschan, Barbados, Belize, Kap Verde, Dominica, Grenada, Guinea Conakry, Guinea Bissau, Äquatorialguinea, Haiti, Honduras, Jamaika, Kenia, Kuwait, Mexiko, Peru, Katar, São Tomé und Príncipe, Sierra Leone, Südafrika, St. Kitts und Nevis, Surinam, Trinidad und Tobago, Togo und Venezuela) und fünf nicht selbstverwalteten Gebieten (Anguilla, Jungferninseln, Turks- und Caicosinseln, Martinique und Montserrat).

Das Henry-Reeve-Kontingent war in den meisten Regionen der Welt präsent. In Mittelamerika in 3 Staaten (Nicaragua, Honduras und Mexiko). Im letzteren mit vier spezialisierten medizinischen Brigaden. Im Großen und Ganzen haben die sechs medizinischen Missionen mehr als 80.000 Menschen behandelt. In der Karibik haben sie 12 Länder (Antigua und Barbuda, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Suriname, Jamaika, Grenada, Haiti, Belize, Dominica, St. Kitts und Nevis, Barbados sowie Trinidad und Tobago) unterstützt und Gesundheitsdienste für rund 33.000 Menschen bereitgestellt. In Südamerika haben sie mit ihrer Arbeit in Peru mit vier Brigaden und in Venezuela zum Kampf gegen die Pandemie beigetragen. Dadurch konnten etwa 19.000 Menschen versorgt werden.

In Europa schlossen sich vier Sanitätsbrigaden den nationalen Bemühungen Italiens (je 2 Brigaden in der Lombardei und im Piemont), Andorras und Aserbaidschans an, sie boten ihre Dienste mehr als 16.000 Menschen an. Darüber hinaus war das Kontingent in den unter britischer Souveränität stehenden Gebieten (Anguilla, Turks- und Caicosinseln, Jungferninseln, Montserrat) und auf Martinique, einem französischen Überseedepartement, präsent, wo mehr als tausend Menschen unterstützt wurden.

In Afrika haben 10 medizinische Brigaden mehr als 38.000 Menschen in Angola, Togo, Kap Verde, Südafrika, Guinea Conakry, Guinea Bissau, São Tomé und Príncipe, Äquatorialguinea, Sierra Leone und Kenia behandelt.

Im Nahen Osten haben die vier medizinischen Brigaden in Katar (zwei medizinische Missionen), den Vereinigten Arabischen Emiraten und Kuwait Dienst geleistet, sie haben mehr als 138.000 Patienten betreut.

Ebola in Afrika

Als Ergebnis der Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) meldeten sich in weniger als zwei Wochen mehr als 5.000 kubanische Ärzte und Pflegekräfte, Mitglieder des "Henry Reeve"-Kontingents, freiwillig zur Bekämpfung der Epidemie; mehr als 500 Gesundheitsfachkräfte wurden ausgewählt und ausgebildet, und schließlich nahmen 256 Personen teil.

So wie im Jahr 2010, als kubanische Ärzte mit der Cholera-Epidemie in Haiti konfrontiert waren, bei der sie mehr als 400.000 Menschen medizinisch versorgen und das Leben von etwa 76.000 Menschen retten konnten, war das Kontingent 2014 präsent in Sierra Leone, Liberia und Guinea Conakry in Ebola-Behandlungsräumen, wo über 2.000 Patienten behandelt wurden. Henry Reeve war die einzige medizinische Mission, die Ebola-Patienten direkt medizinisch versorgte. Während dieser Zeit starben zwei Mitglieder des Henry-Reeve-Kontingents an Malaria, und eine Gesundheitsfachkraft erkrankte an Ebola.

Erfahrung im Umgang mit Naturkatastrophen

Der erste Notfall, mit dem sich das Kontingent wenige Tage nach seiner Gründung konfrontiert sah, war in Guatemala im Oktober 2005, um der von den Überschwemmungen betroffenen Bevölkerung zu helfen. Insgesamt haben 688 Gesundheitsfachkräfte mehr als 477.000 Menschen geholfen und mehr als 1.300 Leben gerettet.

Seit seiner Konstituierung hat das Kontingent 20 spezielle medizinische Einsätze bei Naturkatastrophen ausgeführt:

  • Acht davon bei Überschwemmungen in Guatemala (2005), Bolivien (2006), Belize (2007), Mexiko (2007), El Salvador (2009), Chile (2015), Peru (2017) und Sierra Leone (2017)
  • sieben bei Erdbeben in Pakistan (2005), Indonesien (2006), Peru (2007), China (2008), Chile (2010), Nepal (2015), Ecuador (2016) und
  • fünf bei Hurrikanen in Haiti (2016), Fidschi-Inseln (2016), Dominica (2017), Mexiko (2017) und Mosambik (2019). Hier konnten bei Beteiligung von mehr als 4.000 Gesundheitsfachleuten mehr als 3 Millionen Menschen versorgt werden.

Die Arbeit des Kontingents nach dem Erdbeben vom Oktober 2005 in Pakistan, das 70.000 Menschenleben, 100.000 Verletzte und 3 Millionen Obdachlose gefordert hat, ragt heraus. In einem Zeitraum von fast acht Monaten betreuten die mehr als 2.000 kubanischen Gesundheits- fachkräfte mehr als 1,7 Millionen Patienten. Mehr als 14.000 chirurgische Eingriffe wurden durchgeführt, mehr als 166.000 Überlebende erhielten eine spezialisierte Rehabilitationsbe- handlung und mehr als 2.000 Leben wurden gerettet.

Schluss

Während dieser 15 Jahre war das Henry Reeve-Kontingent Teil der internationalen Bemühungen um eine verstärkte Zusammenarbeit in Gesundheitsfragen zwischen den Nationen. In dieser Zeit haben sich 71 Sanitätsbrigaden gruppiert, von denen 46 zur Bekämpfung von COVID-19, drei zur Bekämpfung der Ebola-Epidemie, zwei zur Bekämpfung der Cholera-Epidemie und 20 zur Bewältigung von Naturkatastrophen eingesetzt wurden. Acht davon waren auf Überschwemmungen, sieben auf Erdbeben und fünf auf Wirbelstürme spezialisiert.

Das Kontingent bleibt aktiv in seiner Arbeit. Es hat zwischen 1 und 4 Missionen pro Jahr ausgeführt. In den letzten fünf Monaten ragt sein wirksames Vorgehen bei der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie hervor.

Weitere ergänzende Daten - Hintergrund des Kontingents "Henri-Reeve”

Seit etwas mehr als einem halben Jahrhundert nimmt Kuba an dem Projekt der internationalen medizinischen Zusammenarbeit teil, das mehr als 150 Länder erreicht hat. Die Gefühle der Solidarität und des Humanismus waren seine Inspiration. Die Ursprünge der Gründung reichen zurück bis Mai 1960, als eine medizinische Brigade den Menschen in Chile, die Opfer eines Erdbebens wurden, half, und bis Mai 1963, als eine Gruppe von 50 kubanischen Gesundheits- fachleuten im Rahmen eines Abkommens zwischen den beiden Nationen in die Republik Algerien in Nordafrika reiste. Nach 57 Jahren humanitärer Hilfe haben bis Ende 2019 insgesamt 1,931 Milliarden Menschen in allen Breitengraden der Erde Gesundheitsfürsorge, sowohl präventive als auch kurative, erhalten, was ihr individuelles Wohlbefinden und ihren Gesund- heitszustand verbessert und das Leben von 8,2 Millionen von ihnen gerettet hat.

In der Zeit von Mai 1960 bis Februar 2005, d.h. in einem Zeitraum von 45 Jahren, absolvierten medizinische Nothilfebrigaden, der Vorläufer des Henry-Reeve-Kontingents, 30 Hilfs-, Gesund- heits- und humanitäre Hilfsmissionen in 19 Ländern, an denen 2.055 Mitarbeiter des Gesund- heitswesens beteiligt waren. Bei den Ländern handelt es sich um: Algerien, Chile, El Salvador und Peru (2 Mal); Nicaragua (5 Mal), Honduras (4 Mal), Armenien, Iran, Dominikanische Republik, Guatemala, Haiti, Kolumbien, Venezuela, Kosovo, Ecuador, Paraguay, Sri Lanka, Indonesien und Guyana. Geografisch gesehen bedeutet das: Karibik 2, Mittelamerika 4, Südamerika 7, Eurasien 2, Afrika 1, Naher Osten 1 und Ferner Osten und Pazifik 2. Die Naturereignisse, die die humanitäre Hilfe veranlassten, waren: 11 Erdbeben, 7 Wirbel- stürme, 1 Vulkanausbruch, 4 x Regen und Überschwemmungen, 4 Epidemien, 1 Feuer und 2 Tsunamis.

Einmal wurde humanitäre Hilfe nach einem bewaffneten Konflikt geleistet. Großflächige meteorologische Phänomene im Jahr 1998, die weite Teile der Karibik und Zentralamerikas (Haiti, Dominikanische Republik, Honduras, Nicaragua und Guatemala) verwüsteten, führten zur Schaffung eines neuen internationalen humanitären Hilfsprojekts zur Unterstützung der betroffenen Nationen, dem Integrierten Gesundheitsprogramm (PIS). Ergänzt wurde dieses Projekt durch die Gründung der Lateinamerikanischen Schule für Medizin (ELAM) in Havanna Ende 1999, damit junge Menschen aus den von diesen Naturphänomenen betroffenen Ländern sich als Ärzte qualifizieren und in ihre ursprünglichen Gemeinschaften zurückkehren können.

In 15 Jahren haben 29.749 Ärzte aus 123 Nationen in allen Regionen der Welt ihren Abschluss an der ELAM gemacht. Derzeit studieren 1.358 Studierende aus 87 Ländern an der ELAM (akademisches Jahr 2019-2020).

Stand: Ende August 2020