FBK-Dokumentation Nr. 1

Rede des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz, Präsident der Republik Kuba, zum Festakt anlässlich des 50. Jahrestages des Angriffs auf die Moncada- und Carlos-Manuel-de-Cespedes-Kasernen in Santiago de Cuba am 26. Juli 2003

Es scheint wie irreal zu sein, dass wir uns 50 Jahre nach jenen Ereignissen, deren wir heute gedenken und die am 26. Juli 1953 geschahen, hier an demselben Ort befinden. Ich war damals 26 Jahre alt. Bis zum heutigen Tag sind in meinem Leben 50 weitere Kampfjahre vergangen.

Zu jenem weit zurückliegenden Augenblick konnte ich mir nicht einen einzigen Moment vorstellen, dass wir wenige der noch von jener Aktion überlebenden Teilnehmer heute Abend hierher berufen werden würden, und zwar gemeinsam mit denen, die hier versammelt sind oder im ganzen Land zuhören, und die von der Revolution beeinflusst wurden oder aktiv in ihr handelten; gemeinsam mit denen, die zum damaligen Zeitpunkt Kinder oder Jugendliche waren; mit denen, die noch nicht geboren waren und heute

Eltern und sogar Großeltern sind; gemeinsam mit ganzen Kontingenten von echten Männern und Frauen, voll revolutionärem und internationalistischem Ruhm und Geschichte, mit im Dienst stehenden und sich in der Reserve befindenden Soldaten und Offizieren, mit Zivilen, die echte Heldentaten verbrachten; mit einer unendlich scheinenden Anzahl von jungen Kämpfern; mit arbeitsamen Werktätigen oder begeisterten Studenten, oder beides zur selben Zeit, und mit Millionen von Pionieren, die unsere Vorstellungskraft von ewigen Träumern bis zum Rand anfüllen.

Und erneut erlegt mir das Leben das spezielle Privileg auf, das Wort an euch zu richten.

Ich spreche hier nicht in meinem persönlichen Namen. Ich tue es im Namen der heroischen Anstrengungen unseres Volkes und der Tausenden von Kämpfern, die während des halben Jahrhunderts ihr Leben gaben. Ich tue es außerdem mit Stolz auf das grandiose Werk, dass sie zu verwirklichen in der Lage waren, auf die Hindernisse, die sie besiegten und das Unmögliche, das sie möglich machten.

In den schrecklich traurigen Tagen nach der Aktion erklärte ich vor dem Gericht, das mich verurteilte, welches die Gründe waren, die uns zu jenem Kampf geführt hatten.

Kuba hatte eine Bevölkerung, die weniger als sechs Millionen Einwohner betrug. Gemäß der damals bekannten Daten, drückte ich unverblümt und in ungefähren Angaben die Situation unseres Volkes aus, und zwar die Situation 55 Jahre nach der US-amerikanischen Intervention gegen ein militärisch schon durch die Beständigkeit und das Heldentum der kubanischen Patrioten besiegtes Spanien, wodurch die Ziele unseres langen Unabhängigkeitskrieges vereitelt wurden und 1902 eine vollkommene politische und wirtschaftliche Herrschaft über Kuba etabliert wurde.

Das gewaltsame Auferlegen in unserer ersten Verfassung des Rechts der USA, Kuba zu intervenieren und das Nationalterritorium für Militärstützpunkte zu besetzen zusammen mit der Totalherrschaft über unsere Wirtschaft und ihre Naturschätze reduzierten unsere nationale Souveränität praktische auf Null.

Ich werde nur ein paar Phrasen und kurze Absätze meiner Verteidigungsrede während der Gerichtsverhandlung, die am 16. Oktober 1953 stattfand zitieren:

  • "600 tausend Kubaner sind arbeitslos."
  • "500 tausend Landarbeiter arbeiten 4 Monate im Jahr und hungern in den anderen Monaten."
  • "Von 400 tausend Industriearbeitern und Tagelöhnern sind die Pensionen unterschlagen worden, ihre Wohnungen sind die höllischen Zimmer der Zitadellen, ihre Löhne gehen aus den Händen des Arbeitgebers in die des Wucherers über; ihr Leben ist die ewige Arbeit und ihr Ausruhen ist das Grab."
  • "Zehntausend junge Fachkräfte: Ärzte, Ingenieure, Rechtsanwälte, Veterinäre, Pädagogen, Zahnärzte, Pharmazeuten, Journalisten, Maler, Bildhauer usw. usf. beenden ihre Studien und möchten kämpfen und sind voll Zuversicht, um sich dann in einer Sackgasse ohne Ausweg zu befinden und vor verschlossenen Türen zu stehen."
  • "85 Prozent der kleinen Landwirte bezahlt Pacht und lebt unter der ständigen Bedrohung der Vertreibung von ihren Parzellen."
  • "Zweihunderttausend Bauernfamilien besitzen nicht eine Handbreit Land, um Lebensmittel für ihre hungrigen Kinder anbauen zu können."
  • "Mehr als die Hälfte der besten landwirtschaftlichen bewirtschafteten Ländereien befinden sich in ausländischem Besitz."
  • "Ungefähr Dreihunderttausend 'Caballerías' (mehr als drei Millionen Hektar) liegen brach."
  • "Zwei Millionen 200 tausend Menschen unserer Stadtbevölkerung bezahlen Mieten, die zwischen einem fünften Teil und einem Drittel ihrer Einkünfte verschlingen."
  • "Zwei Millionen 800 tausend Menschen unserer Land- und Vorstadtbevölkerung haben keinen elektrischen Strom."
  • "Zu den Landschulen gehen barfuß, halbnackt und unterernährt weniger als die Hälfte der Kinder im schulpflichtigen Alter."
  • "90 Prozent der Kinder auf dem Lande sind von Parasiten übersät."
  • "Die Gesellschaft ist gefühllos gegenüber dem Massenmord, der an so vielen Tausenden und Abertausenden von Kindern begangen wird, die jedes Jahr wegen fehlender Mittel sterben."

Ein 85 Prozent der Bevölkerung ist Eigentümer der Wohnung, in der sie leben. Sie zahlen keine Steuern. Die anderen 15 Prozent zahlen eine rein symbolische Miete.

  • "Wenn ein Familienvater vier Monate im Jahr arbeitet, womit kann er denn dann seinen Kindern Anziehsachen und Arzneien kaufen? Sie werden mickrig heranwachsen, mit dreißig Jahren werden sie nicht einen einzigen heilen Zahn im Mund haben. Sie werden zehn Millionen Reden gehört haben und am Ende im Elend und in der Enttäuschung sterben. Der Zugang zu den staatlichen Krankenhäusern, die immer voll sind, ist nur mit einer Empfehlung eines politischen Magnaten möglich, der dem Unglücklichen seine Wahlstimme und die seiner gesamten Familie abfordern wird, damit Kuba immer genau so bleibt oder noch schlechter."

Das Folgende war vielleicht das Wichtigste was ich zum wirtschaftlichen und sozialen Thema sagte:

  • "Die Zukunft der Nation und die Lösung ihrer Probleme können nicht weiter von dem egoistischen Interesse eines Dutzend von Finanzmännern abhängen, von den eiskalten Berechnungen über Gewinne, die zehn oder zwölf Magnaten in ihren Büros mit Klimaanlagen anstellen. Das Land kann nicht weiter auf den Knien liegen und um die Wunder einiger weniger Goldener Kälber bitten, die wie jenes des Alten Testaments, welches der Zorn des Propheten umwarf, keinerlei Wunder vollbringen. [...] Und durch Staatsmänner, dessen staatsmännisches Tun darin besteht, alles so zu belassen, wie es ist, und das Leben damit zu verbringen, Dummheiten bezüglich der “absoluten Unternehmensfreiheit, der “Garantien für das Investmentkapital” und des “Gesetzes von Angebot und Nachfrage” zu nuscheln, werden solche Probleme sicher nicht gelöst werden."
  • "In der heutigen Welt löst sich kein soziales Problem auf spontane Art und Weise."